Panzergraben Süchteln (140)

Listenart: Bodendenkmal, geschichtliche Denkmäler
Listen-Nummer032
Baujahrneuzeitlich
eingetragen seit15.10.2012
Flur / Flurstück39/197, 199; 74/10-12, 186, 187; 75/63, 193, 194; 79/74, 92, 99, 130; 80/1, 2, 8, 21, 53; 100/10
Anschrift, Viersen - Süchteln

Beschreibung
Am Westhang der Süchtelner Höhen, zwischen dem Hof Benzenberg und nördlich von Dornbusch sind im Hochwald, auf einem Abschnitt vom ca. 3,00 km, mehrere Lauf-, Schützen- und Panzergrabenabschnitte erhalten. Die Stellungen gehören zur sogenannten Niers-Rur-Stellung, die Ende des 2. Weltkrieges durch den Volkssturm oder durch Kriegsgefangene ausgehoben wurden.

Das Bodendenkmal besteht aus einem noch in weiten Strecken erhaltenen Panzergraben und mehreren Ost-West verlaufenden Laufgräben. Nordöstlich der Lobbericher Straße erstreckt sich der V-fömige Panzergraben südöstlich eines Waldwirtschaftsweges auf 150 m bis fast unmittelbar an die Wälle einer Schießanlage. Er ist in seinem Erscheinungsbild auf weite Strecken sehr gut erhalten. Lediglich in der Nähe des Wirtschaftsweges wurde er mit modernem Abfall angefüllt.

Nördlich des Boisheimer Weges und der Lobbericher Straße erstrecken sich zwei Laufgräben von Südwesten nach Nordosten auf einer Länge von 400 m bzw. 320 m. Auch in diesem Fall hat der bestehende Hochwald dazu beigetragen, dass diese Relikte des Krieges gut erhalten sind. Lediglich der jährliche Laubabfall bedeckt die Grabensohle. Im Gelände ist heute noch nachzuvollziehen, wie einzelne stärkere Baumstämme als Schutzschild mit in den Verlauf der Laufgräben eingebunden wurden.

Östlich und nördlich des Höferhofes ist der Panzergraben auf einer Länge von ca. 700 m gut erhalten; lediglich an den Endpunkten des nördlichen Abschnittes ist er mit Baustubben angefüllt. In weiten Bereichen wurde der Panzergraben vor die mittelalterliche Landwehr gelegt, so dass hier der bereits vorhandene Wall mit in die Stellung einbezogen wurde.

Einbauten wie Erdbunker, Einmannlöcher, MG- und Geschützstellungen fehlen in diesem Abschnitt fast ganz, nur nördlich des Höferhofes, am Endpunkt eines Panzergrabenabschnittes konnten zwei Schützengräben erfasst werden.

Der Ausbau der Niers-Rur-Stellung, auch „Schlieffenstellung“ genannt, begann im September 1944. Die Stellung gliederte sich in drei Abschnitte: Wankum, Viersen und Erkelenz. Sie war für leichte und schwere Infanteriewaffen ausgerichtet. Am 25.09.1944 begannen zunächst 240 Mann mit den Erdarbeiten, deren Anzahl bis zum 05.10.1944 auf 6200-6500 Mann anwuchs. Die zur Panzerabwehr angelegten Spitzgräben hatten eine Standardbreite von 4,50 m und eine Tiefe von 3,00 m. In weniger festem Boden sollte eine Böschungsverkleidung angelegt werden. In Gebieten mit hohem Grundwasserstand hob man sogenannte „nasse Panzergräben“ aus. Für sie waren eine Breite von 20,00 m und eine Tiefe von 3,50 m vorgeschrieben.

Denkmalrechtliche Begründung
Die Panzer-, Schützen- und Laufgräben bei Süchteln dokumentieren die Entwicklung von militärischen Annäherungshindernissen der Neuzeit. Im Mittelalter waren es vor allem die Landwehren, bestehend aus Wällen und begleitenden Gräben, die der damaligen Wehr- und Verteidigungstechnik genügten. Panzer- und Schützengräben sind Annäherungshindernisse der Neuzeit, die neben militärischen vor allem unter politischen Gesichtspunkten zum Ende des 2. Weltkrieges errichtet wurden, als die Alliierten Streitkräfte die Deutschen Landesgrenzen erreichten. Vor allem die Panzergräben konnte einen Angriff mit schweren Waffen nicht verhindern, zwangen den Angreifer aber, nur an bestimmten Stellen in die Offensive zu gehen. Die Gegner sollten gezwungen werden, entweder die Straßensperren zu überwinden oder die Gräben zu verfüllen bzw. mit Brückenlegepanzern befahrbar zu machen.

Das weitgespannte Netz, in dem diese Anlagen eingebunden waren, dokumentiert die Tiefenstaffelung des gesamten Verteidigungssystems moderner Ausprägung. Die materiellen Hinterlassenschaften dieser Verteidigungsstellung sowie der sie umgebende und einschließende Boden sind Mehrheiten von Sachen, die in einem funktionellen Zusammenhang stehen. Sie legen Zeugnis ab von der Bedrohung des Rheinlandes durch die alliierten Streitkräfte zum Ende des 2. Weltkrieges. Als Monumente der unmittelbar vergangenen Zeitgeschichte sind sie bedeutend für die Geschichte der Menschen und erfüllen die Voraussetzung nach § 2 DSchG NRW zur Eintragung in die Liste der geschützten Denkmäler; an ihrem Erhalt besteht ein öffentliches Interesse.

Literatur
M. Groß: „Der Westwall zwischen Niederrhein und Schnee-Eifel“, Band 5, Seite 363

Stand
28.08.1996

Wolfgang Wegener
Wissenschaftlicher Referent
LVR/ Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland

nach oben