Doppelhaus Albert und Josef Wix

Listenart: Baudenkmal, städtische Denkmäler
Listen-Nummer532
Baujahr1933
eingetragen seit01.12.2017
Flur / Flurstück98/60 und 212
AnschriftAn der Josefskirche 8/10, Viersen - Viersen

Lage/ Geschichte
Das 1933 errichtete Doppelwohnhaus ist beidseitig eingebaut in die zum Teil ältere Straßenrandbebauung einer Wohnstraße in der südlichen Viersener Innenstadt, die vom Gereonsplatz (ehemals Neumarkt) zur Josefskirche hin abzweigt. Bauherren waren Albert Wix und sein Sohn Josef, letzterer Inhaber eines Elektroinstallationsgeschäftes, für das 1935 auch vorübergehend ein Schaufenster in dem Haus An der Josefskirche 10 nachträglich eingebaut wurde (in den 1950er Jahren wieder zurückgebaut). Den Entwurf fertigte der seinerzeit in Viersen ansässige Architekt BDA Adolf von Feldmann (auch: „R. von Feldmann“).

Beschreibung
Es handelt sich um ein dreigeschossiges Doppelwohnhaus mit verklinkerter Fassade und Flachdach. Sockel und Gewände der Öffnungen sind ebenfalls verklinkert, aber dunkel abgesetzt. Auffallend sind zwei doppelgeschossige Kastenerker jeweils über den beiden Eingängen, die eine grünschimmernde Keramikverkleidung besitzen, so dass sich ein facettenreiches Spiel der Materialoberflächen zumal bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen ergibt. Bemerkenswert ist insgesamt die kubische Gesamtwirkung des Gebäudes, gegeben durch die Rechtwinkligkeit fast aller sichtbaren Fassadenelemente (nur die nach innen geschrägten Gewände der beiden eingenischten Eingänge weichen hiervon ab). Horizontale Betonung erhält die Straßenfront durch „liegende“ (querrechteckige) Fensterformate, die zudem in den Obergeschossen durch dunkle Klinker zu Bändern zusammengezogen sind. Außerdem ist die Fensteranordnung im Erdgeschoss gegenüber den beiden Obergeschossen verschoben, sodass die vertikalen Linien der Eingangsachsen (Eingänge und Erker) durchbrochen wird (das im Format leicht abweichende Erdgeschoss-Fenster in der Haushälfte An der Josefskirche 10 ist das Ergebnis des Rückbaus des 1935-57 bestehenden Schaufenstereinbaus). Die Fenster selbst sind erneuert, die stehenden Teilungen entsprechen aber dem ursprünglichen Entwurf.

Auf ein originelles Detail weist die dritte, ebenerdige Tür in der Mitte der Straßenfront hin: sie führt in einen schmalen Gang, der zwischen beiden Haushälften direkt in den rückwärtigen Garten führt.

Die Rückseite ist einfach verputzt und in der Ansicht entsprechend den beiden Haushälften symmetrisch gestaltet. In der Mitte mündet der oben angegebene Durchgang mit einer Tür in den Garten, prägend sind ferner die eingenischten „Balkone“ in den Obergeschossen.

Im Inneren ist die typische „zweizonige“ Raumaufteilung (Windfang / Treppenhaus / Küche hinter dem Eingang, daneben zwei (Wohn-)Zimmer vorne und hinten) im Prinzip erhalten. In der Haushälfte An der Josefskriche 8 sind vor allem Eingangs- und Treppenhausbereich auch noch hinsichtlich der Raumausstattung weitgehend unverändert, wobei die relativ steil nach oben gewendelte Holztreppe und der Solnhofer Plattenboden mit entsprechender Wandverkleidung hervorzuheben sind.

Denkmalwertbegründung
Das Doppelwohnhaus An der Josefskirche 8/10 ist als qualitätvoll und zeittypisch gestalteter und gut erhaltener Bestandteil der Bebauung der Viersener Innenstadt (Südstadt) bedeutend für Viersen. In seiner Gestaltung repräsentiert es nicht die Hochphase der baulichen Entwicklung Viersens in der Kaiserzeit, sondern eine weitere Zeitschicht der „Zwischenkriegszeit“, die vor allem in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre generell noch einmal von einem Bauboom gekennzeichnet ist (hervorgerufen durch wirtschaftlichen Wohlstand und gezielte Fördermaßnahmen). Zwar kam dies in der Weltwirtschaftskrise vor allem im Massenwohnungsbau wieder zum Erliegen, doch im privaten Wohnungsbau war zumindest punktuell noch weiter Aktivität zu verzeichnen, die jetzt durch das inzwischen etablierte „Neue Bauen“ zudem auf einem neuen, hochwertigen Gestaltungsniveau stattfand. So finden sich in der Viersener Innenstadt noch einige anschauliche Beispiele eingebauter Reihenhäuser aus jenen Jahren, mit flächigen Klinkerfassaden und kubischen Baukörpern, die Ende der 1920er und in den 1930er Jahren errichtet wurden und diese Stufe der Stadtentwicklung „im Bestand“ (häufig Baulückenschließungen oder Ersatz älterer, jetzt als „unmodern“ empfundener Altbauten) widerspiegeln.

An Erhaltung und Nutzung besteht aus künstlerischen und wissenschaftlichen Gründen ein öffentliches Interesse. Die durchaus im Sinne eines gemäßigten Neuen Bauens, mit regionalistischen und traditionellen Anklängen (Ziegelfassade, Erker, Materialwirkung der Keramikverkleidung) gestaltete Fassade ist material- und formgerecht qualitätvoll durchgestaltet und als Architektenentwurf künstlerisch entwickelt. In der Bauakte sind auch Zeichnungen überliefert, die belegen, wie der formale und proportionale Anschluss an die stilistisch völlig andere, späthistoristische Nachbarbebauung (An der Josefskirche 4, mit der ebenfalls modernistischen Wohnhaus An der Josefskirche 6 als Bindeglied) konzipiert und entwickelt wurde. In wissenschaftlicher, architekturgeschichtlicher Hinsicht ist das Gebäude von Interesse als sehr anschauliches Zeugnis der  Architektur der „Zwischenkriegszeit“ in den 1920er und 1930er Jahren, hier im Sinne eines gemäßigten, konservativ-regionalistischen „Neuen Bauens“, das in vielen Orten Westdeutschlands (gerade auch in Richtung der Niederlande) durchaus verbreitet war, von Forschung und Denkmalpflege aber erst ansatzweise dokumentiert ist.

Es handelt sich ferner um ein Werk eines für die Architekturwissenschaft relevanten Architekten. Adolf Theodor von Feldmann wurde am 14.09.1899 in Hannover als Sohn der Eheleute Max und Annamaria von Feldmann geboren. Sein Vater war Hauptmann des 1. Hannoverschen Infanterieregiments Nr. 74. Sein Großvater war der preußische Generalmajor Adolf von Feldmann, seine beiden Onkel Hans von Feldmann und Otto von Feldmann durchliefen ebenfalls Offizierskarrieren und waren ab den 1920er Jahren politisch aktiv. Adolf von Feldmann kam vermutlich als Bauleiter des Neubaus der Viersener Post an der Freiheitsstraße im Jahr 1926 nach Viersen. In der Zeit von 1928 bis 1934 errichtet er vorwiegend Einfamilienhäuser für eine intellektuelle Oberschicht. So zählen u.a. die Ärzte Dr. Gustav Schneider (Gladbacher Straße 79) und Dr. Walter Müller (Schulstraße 24, heute Lambersartstraße), der Hauptlehrer Aloys Kaldenbach (Dr.-Heggen-Straße 10), der Rechtsanwalt Peter Püllen (Burgstraße 3) und der Direktor Alfred Königs (Burgstraße 5) zu seinen Bauherren. Seine wohl bedeutendsten Aufträge in Viersen waren die Errichtung des Laboratoriums des Niersverbandes (Rahser Straße 315) und des Fanny-Zahn-Heims an der Süchtelner Straße. Zeitgleich errichtete er auch das Wohnhaus für den Regierungsbaumeister des Niersverbandes Schmitz-Lenders (Hohe-Busch-Straße 22). Sein Büro führte er zunächst in der Schulstraße 24a, später in der Langemarkstraße 14, heute Freiheitsstraße 179. Er war Mitglied des Bund Deutscher Architekten und im Deutschen Werkbund. Ferner war er vereidigter Sachverständiger der Industrie- und Handelskammer Mönchengladbach-Rheydt-Neuss.

1935 gab Adolf von Feldmann seine Selbstständigkeit auf und ließ sich mit seiner Familie in Hamburg nieder, um eine militärische Laufbahn einzuschlagen. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er, zunächst in Hamburg, dann in Essen bis zu seiner Pensionierung 1965 Leiter der Bauabteilung des Karstadt Warenhauskonzerns, in welcher Eigenschaft er zunächst selbst Kaufhausbauten bzw. deren Wiederaufbau plante, später dann hauptsächlich die Ausführung von Entwürfen freischaffender Architekten oblag. Am 30.05.1970 ist Adolf von Feldmann in Essen verstorben.

In den sieben Jahren seiner Selbstständigkeit in Viersen überzeugte Adolf von Feldmann als Architekt durch seine vom Expressionismus geprägten Entwürfe. Dabei findet sich das Motiv des asymmetrischen „Kastenzwerghauses“ nahezu durchgängig bei seinen Einfamilienhäusern. Hinzukommt seine Gestaltungssicherheit in den Details, insbesondere im Umgang mit dem Ziegelstein oder keramischen Baustoffen. Sein Entwurfsstil hebt ihn von seinen Kollegen im Stadtgebiet ab. Seine kubischen Baukörper nehmen die Ideen der Moderne auf, ohne jedoch die strikte Konsequenz der Bauhausarchitekten zu erreichen. Er ist auch der einzige Viersener Architekt und BDA-Mitglied neben Willy Esser, der im Viersen/Süchteln/Dülken-Band der viel beachteten Buchreihe „Deutschlands Städtebau“ 1930 mit einer Annonce überregional für sich wirbt.

Quellen und Literatur

·      Materialsammlung Stadt Viersen, Untere Denkmalbehörde

·      Denkmalinformationssystem BODOEN im LVR-ADR

·      E. Frielingsdorf (Bearb.): Viersen (Deutschland Städtebau). Berlin: DARI-Verlag, 1930

Stand
01.03.2016

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