Geldrische Landwehr - Bereich Boisheim Frankeserbusch (10)

Listenart: Bodendenkmal, geschichtliche Denkmäler
Listen-Nummer020
eingetragen seit29.11.2005
Flur / Flurstück11/1,2,3,5,6,8
Anschrift, Viersen - Boisheim

Beschreibung
Nordöstlich der Ortsmitte von Boisheim und südlich der Autobahn A 61 liegt im Bombusch das Teilstück einer mittelalterlichen Landwehr. Dieser Landwehrabschnitt gehört zu der im Spätmittelalter angelegten geldrischen Grenzlandwehr.

Der erhaltene, einzügige Landwehrwall beginnt 75 m nördlich der Straße von den Pütterhöfen nach Klinkhammer. Von dort verläuft sie 320 m zunächst auf einer Seite, dann auf beiden Seiten von Gräben begleitet in nordnordwestlicher Richtung. Sie biegt in ihrem weiteren Verlauf scharf nach Westen um und ist in dieser Richtung auf 310 m zu verfolgen. Auf diesem Abschnitt wird die Landwehr nur auf der Südseite von einem Graben begleitet. Der nördliche Graben wird von einem Feldweg überlagert. In dem östlichen Teil wird die Landwehr in mehreren Bereich durch Waldwirtschaftswege gestört, bzw. wurde durch Forstbetriebsfahrzeuge in ihrem äußeren Erscheinungsbild stark geschädigt. 55 m vom östlichen Ende befindet sich ein 20 m langer Südnord verlaufender Wallrest, der nach G. Loewe ebenfalls Teil der Anlage ist. Das Erscheinungsbild wird geprägt durch den Wall und den ausgewachsenen Buchen. Die noch erhaltenen Grabenbereiche sind weitgehend erodiert und nur als flache Senken im Gelände zu erkennen.

Im Zuge des Landesausbaues ließen die Landesherren gegen Ende des Mittelalters zur Friedenswahrung und aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten an den Grenzen ihrer Territorien, aber auch innerhalb des Landes Landwehren errichten. Landwehren waren Erdhindernisse die aus einem oder mehreren parallel verlaufenden Wällen bestanden, die innen und außen von Gräben begleitet wurden und die zur Umgrenzung größerer Landschaftsteile angelegt, ursprünglich viele Kilometer lang waren. Die dammartigen Aufschüttungen erreichen eine Höhe von 2-3 m, während die Tiefe der Gräben ca. 1-1,50 m beträgt. Die erhaltenen Landwehren sind zumeist so stark verschliffen, dass sich die charakteristischen Grabenprofile erst durch archäologische Untersuchungen als Bodenverfärbungen abzeichnen.

Dieses Landwehrteilstück gehört zu einem System von Grenz- und Binnenlandwehren, die für den heutigen Kreis Viersen sehr charakteristisch sind. Neben Geldern und Kurkölner legten auch die Grafen und späteren Herzöge von Jülich in ihren Territorien weitere Binnenlandwehren an. Als Entstehungszeit dieser Landwehren wird allgemein das 14. und 15. Jahrhundert angenommen. Schriftliche Erwähnungen und Beschreibungen finden sich in den Niederschriften der Grenzumgänge, hauptsächlich aus dem 17. und 18. Jahrhundert.

Das Landwehrteilstück bei Viersen-Boisheim gehört zur geldrischen Grenzlandwehr, die südöstlich von Venlo begann, auf Boisheim zulief und im Bereich des Bombusch nach Osten umknickte. Im weiteren Verlauf erreichte sie über Bistard, Dombusch und Grefrath die Niers. 1583 findet sich in den Quellen ein Hinweis auf den schlechten Zustand der Landwehr und der Notwendigkeit zu Pflegemaßnahmen. Die Landwehr lag unmittelbar an der Grenze zwischen dem geldrischen Amt Krickenbeck und dem Jülicher Amt Brüggen.

Landwehren wurden im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit im unmittelbaren Bereich von Stadt-, Kirchspiel-, Gerichts- oder Territorialgrenzen errichtet und bis in das 17. Jahrhundert hinein genutzt. Mit solchen Sperrwerken, die durch undurchdringliche Hainbuchen- und Weißdornhecken auf den Wallkronen zusätzlich gesichert waren, wurde der Verkehr gezwungen, die an den Durchlässen liegenden Zollstellen zu passieren. Neben diesen dominierenden fiskalischen Gründen bestand ihre Aufgabe auch darin, die Beweglichkeit feindlicher Verbände einzuschränken.

Landwehren enthalten nach den bisherigen Erkenntnissen in den künstlichen Wällen und zugehörigen Gräben eine Fülle von wissenschaftlich auszuwertendem Material in Form von Bodenverfärbungen, Sedimenten, organischem Material und Einzelfunden. Im Laufe der Jahrhunderte entstanden in den Gräben einzelne Schichten und Ablagerungen. Archäologische Grabungen und archäobotanische Untersuchungsmethoden bieten die Möglichkeit nachzuweisen, wann und unter welchen Bedingungen hier die Landwehr errichtet und gepflegt wurde.

Das erhaltene Landwehrteilstück, sowie die im Untergrund mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erhaltenen archäologischen Zeugnisse in Form von Sedimenten und Gebrauchsgegenständen sowie der sie umgebende und einschließende Boden sind, als Mehrheiten von Sachen die in einem funktionellen Zusammenhang stehen, bedeutend für die Wirtschafts- und Siedlungsgeschichte der Rheinlandes, des Kreises und der Stadt Viersen.

Die geldrische Grenzlandwehr nordöstlich von Viersen-Boisheim dokumentiert eindrucksvoll die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Verhältnisse im Mittelalter und ist ein unverzichtbares Zeugnis der Menschheitsgeschichte im Rheinland. Sie darf in erster Linie als Denkmal der Friedewahrung gelten, deren Intensivierung einen der Hauptzüge des spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Territorialstaates darstellt. Sie stellt somit eine wichtige landesgeschichtliche Bodenurkunde dar; denn ihre Erforschung dient der Ergänzung und Präzisierung archivalischer Urkunden und historischer Zeugnisse. Sie erfüllt die Voraussetzungen nach § 2 DSchG NW zum Eintrag als ortsfestes Bodendenkmal in die Liste der geschützten Denkmäler; an der Unterschutzstellung besteht ein öffentliches Interesse.

Literatur
G. Loewe; Kreis Kempen-Krefeld, Archäologische Funde und Denkmäler des Rheinlandes, Bd. 3, (19719, 5. 130.

G. Wessels; Erhaltung historischer Kulturlandschaft am Beispiel der Landwehren in Viersen,  (1992)

F. Dohr; Die Viersener Landwehren, in: Aus der Vor-, Früh- und Siedlungsgeschichte der Stadt Viersen, hrsg. v. K. Mackes u.a., Viersen 1956, 228 - 245.

H.-G. Horn u.a. (Hrsg); Was ist ein Bodendenkmal. Archäologie und Recht, Teil 2: Eine Beispielsammlung nordrhein-westfälischer Bodendenkmäler, Nr. 17 und 18 Landwehren, (1991), 5. 130ff.

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