Kreuz des Ostens

Listenart: Baudenkmal, religiöse Denkmäler, geschichtliche Denkmäler
Listen-Nummer514
Baujahr1951/1966/1969
eingetragen seit23.07.2014
Flur / Flurstück31/34
AnschriftArnoldstraße , Viersen - Dülken

Bauherr: Stadt Viersen auf Initiative der Vertriebenen aus Ostpreußen, Westpreußen, Danzig, Pommern, Ostbrandenburg, Niederschlesien, Oberschlesien, Sudentenland, Warthegau

Beschreibung:
Das "Kreuz des Ostens" auf dem Dülkener Friedhof ist ein etwa 7,50 m hohes schlichtes lateinisches Kreuz aus Stahl (eventuell Corten-Stahl). Dem Kreuz vorgelagert befindet sich rechts davon eine Stele aus demselben Material mit zwei Inschriftentafeln, beginnend mit der linken Tafel:

"KREUZ DES DEUTSCHEN OSTENS ERRICHTET 1951 DURCH DIE EHEMALIGE STADT DÜLKEN AUF INITIATIVE DER VERTRIEBENEN AUS OSTPREUSSEN WESTPREUSSEN DANZIG POMMERN OSTBRAN-DENBURG NIEDERSCHLESIEN OBERSCHLESIEN SUDETENLAND WARTHEGAU"

und die rechte Seite trägt die Inschrift:

"ZUM GEDENKEN AN DIE OPFER DER VERTREIBUNG IM DEUTSCHEN OSTEN IM ZWEITEN WELTKRIEG UND DEN VERLUST DER HEIMAT ALS MAHNUNG GEGEN KRIEG UND VERTREIBUNG".

Das lateinische Kreuz aus Stahl ersetzt seit 1966/1969 das ursprüngliche Kreuz aus Eichenholz, das am 25.11.1951 feierlich eingeweiht wurde. Die Stele mitsamt den Inschriftentafeln aus Bronze wurde 2005 an Stelle einer Kupferplatte aufgestellt.

Begründung der Denkmaleigenschaft:
Bedeutung für Viersen-Dülken
Das "Kreuz des Deutschen Ostens" ist die erste Erinnerungsstätte an die Vertreibungen im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg im Kreis Viersen. In den ersten Nachkriegsjahren fanden über 40.000 Personen Zuflucht und eine neue Heimat im heutigen Kreisgebiet, während über drei Millionen Menschen in dieser Zeit der Vertreibung starben. Insgesamt wurden etwa 15 Millionen aus den ehemaligen ostdeutschen Gebieten vertrieben. Es soll auch einen Stellvertreter der Gräber im Osten darstellen.

Bereits im Frühjahr 1951 wurde in Dülken und Süchteln über den Aufstellungsort des Kreuzes diskutiert, zur Disposition standen hierbei der Vorplatz des Dülkener Rathauses, der Standort an der Alten Stadtmauer und die Aufstellung auf dem Dülkener Friedhof. Für die letztere Variante entschloss man sich im Juli 1951. Das 1200 DM teure Eichenkreuz wurde mittels Spenden und der Beteiligung der Stadt Dülken finanziert. Initiatoren waren in erster Linie die Landsmannschaften in Dülken. Deren Gründung geht zurück auf organisierte Schicksalsgemeinschaften der Vertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg. Zunächst wurden diese organisierten Zusammenschlüsse von der britischen Militärregierung verboten, doch für die Vertriebenen war gerade der enge Kontakt zu den Familienangehörigen und Landsleuten besonders wichtig, zumal die selbst kriegsbeschädigten Ortsansässigen zunächst nicht mit offenen Armen auf die Heimatlosen zugingen. Das Verbot der Flüchtlingsverbände wurde 1948 durch die Briten gelockert und es wurde der Zusammenschluss nach "kultureller und wohlfahrtsmäßiger" Art gestattet. Im August 1948 kamen Vertreter von 78 Interessensgemeinschaften in Rheydt zusammen, hier wurde letztlich der Grundstein für die Gründung des Bunds der Vertriebenen in Nordrhein-Westfalen gelegt. In Dülken trat die Interessensgemeinschaft in Form eines Dachverbandes der Vertriebenen in Dülken ab 1949 in Erscheinung.

Am Totensonntag, den 25.11.1951 wurde dann das Kreuz eingeweiht. Anwesend waren etwa 1000 Menschen - darunter Heimkehrer, Kriegsbeschädigte, Witwen, Waisen, Flüchtlinge und Heimatvertriebene.

In den folgenden Jahren war die Gedenkstätte häufig das Ziel von Kundgebungen und Schweigemärschen der Vertriebenen. In der Zwischenzeit hat sich die Anzahl der Landsmannschaften von fünf auf zwei reduziert, den BdV-Ortsverband in Dülken gibt es nicht mehr. Dennoch hat sich 2005 eine Initiative zur Restaurierung des Kreuzes gebildet. Mitglieder des "Verkehrs- und Verschönerungsverein Dülken e.V." reinigten das Stahl-Kreuz, die umgebende Platzanlage wurde mit einer kreuzförmigen Kopfsteinpflasterung versehen und sie ließen die Kupferplatten mitsamt der Texte ersetzen, zumal die Inschrift "Gedenket der Toten im Deutschen Osten" ihrer Meinung nach für die heutigen Generationen nicht mehr verständlich sei. So fertigte der ortsansässige Schmiedemeister Klaus Dommers die Stele mit den beiden Tafeln an. An dieser Initiative zeigt sich ein weiterer Aspekt der ortsgeschichtlichen Bedeutung. War die Gedenkstätte ursprünglich als Ort der Erinnerung an die verstorbenen und vertriebenen Landsleute gedacht, sollte es zugleich symbolisieren, dass die Vertriebenen in Dülken aufgenommen und akzeptiert wurden. Allein in Dülken haben sich 3.000 Vertriebene fest niedergelassen. Die jüngste Initiative beweist, dass die Integration der Heimatvertriebenen in Dülken geglückt ist und sie einen integralen Bestandteil der Gesellschaft darstellen.

Wissenschaftliche, hier kulturgeschichtliche Gründe für die Erhaltung und Nutzung
Bereits kurze Zeit nach Flucht, Vertreibung und Deportation im ehemals ostdeutschen Gebiet begannen die Überlebenden in Westdeutschland mit der Errichtung von Gedenkstätten für Angehörige, Freunde und Nachbarn, die gewaltsam oder durch Erschöpfung, Hunger und Krankheit zu Tode gekommen waren. Die wesentliche Motivation bestand darin, den Verstorbenen aus der Heimat, deren Gräber unbekannt blieben oder aufgrund der räumlichen Entfernung nicht zu pflegen waren, einen Ort der bleibenden Erinnerung zu geben und somit das Andenken zu bewahren. Der Bund der Vertriebenen dokumentiert und sammelt das Wissen um die Erinnerungsstätten, dessen Datenbank zählt derzeit etwa 1400 Mahnmale und Gedenkstätten. Die älteste der dokumentierten Gedenkstätte wurde im Jahr 1947 in Immenhausen in Hessen errichtet und die jüngste Stätte wurde erst 2005 eingeweiht, was die kontinuierliche Bedeutung der Thematik bis heute unterstreicht. Die seit Anfang der 1950er Jahre im Westen Deutschlands errichteten Gedenkstätten variieren sehr stark in Form, Gestalt und Material. Zum Teil handelt es sich um schlichte Kreuze oder Gedenksteine, zum Teil aber auch regelrechte Kunstwerke mit hohem künstlerischem Anspruch. Letztlich ist die Form auch nachrangig, schließlich steht der symbolhafte Charakter der Gedenkstätten im Vordergrund. Seit der Wiedervereinigung wurden auch in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Sachsen/Schlesische Lausitz und Thüringen zahlreiche Gedenkstätten eingeweiht. Diese divergierende und vielgestaltige Gedenkstättenlandschaft dieses Teils der deutschen Geschichte zu dokumentieren und zu erhalten ist ein wesentlicher Beitrag zur Bewahrung der Erinnerung an die deutsche Geschichte. Auch das "Kreuz des Ostens" in Dülken und dessen Erhaltung trägt zur Bewahrung des kulturgeschichtlichen und historischen Wissens im Gedächtnis der Gesellschaft und der folgenden Generationen bei.

Schutzumfang:
Das oben beschriebene "Kreuz des Ostens" mit der flankierenden Stele.

Quellen/ Literatur:
Materialsammlung der UDB Viersen bzw. der Antragsteller.

Hubatsch, Herbert, Suche nach einer Heimat in Dülken. Erinnerungen aus einer Junglehrerzeit vor 50 Jahren, in: Oberkreisdirektor Viersen (Hrsg.),Heimatbuch des Kreises Viersen, 49. Folge, Viersen 1998, S. 213-216.

Zauner, Jürgen, Suche nach einer Heimat in Dülken. 55 Jahre Landsmannschaft Ost-, Westpreußen und Danzig, in: Der Landrat des Kreises Viersen (Hrsg.), Heimatbuch des Kreises Viersen, 56. Folge, Viersen 2005, S. 196-206.

Zauner, Jürgen, Mahnmal gegen Vertreibungen - 55 Jahre Gedenkkreuz auf dem Friedhof in Dülken, in: Der Landrat des Kreises Viersen (Hrsg.), Heimatbuch des Kreises Viersen, 59. Folge, Viersen 2008, S. 252-261.

www.bund-der-vertriebenen.de (Stand 20.02.2014)

Stand:
06.03.2014
Dr. Marco Kieser
Wissenschaftlicher Referent
LVR- Amt für Denkmalpflege im Rheinland

nach oben