50 private Schätze

Galerie wird Schatzkammer

Gute Ideen für die Kultur seiner Heimatstadt hatte Hermann Gerstein schon mehrfach, so gab er in den 1990er Jahren den Anstoß zur Gründung des Fördervereins Festhalle Viersen. Und auch von einer Reise ins nordfriesische Niebüll brachte er vor geraumer Weile eine Anregung mit: Die Jubiläumsausstellung des dortigen Kunstvereins präsentierte für einige Wochen private Kunstschätze aus dem Besitz seiner Mitglieder. Der 50. Stadtgeburtstag bietet nun eine wunderbare Gelegenheit, diese Idee in Viersen aufzugreifen. Allerdings müssen die Leihgeberinnen und Leihgeber hier nicht Mitglied eines Kunstvereins sein, alle Bürgerinnen und Bürger waren aufgerufen, den „Platz für ihren Schatz“ in der Städtischen Galerie zu nutzen und das Kunstwerk anzubieten, welches sie schon immer einmal einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen wollten.

Stefan Keßels: Melancholie III. 2015. Öl auf Leinwand     3. Gernot Rumpf: Turmschnecke. 1991/92. Bronzeskulptur auf Sockel aus Pfälzer Sandstein

Stefan Keßels: Melancholie III. 2015. Öl auf Leinwand,
Gernot Rumpf: Turmschnecke. 1991/92. Bronzeskulptur auf Sockel aus Pfälzer Sandstein

Mehr als 200 Vorschläge gingen ein und passend zum Jubiläum kommen nun kostbare und skurrile, seltene und erinnerungsbehaftete, ererbte oder aufgespürte, kleine und große Kunstschätze aus 50 Viersener Haushalten zusammen zur Ausstellung „Viersener Schatzkammer“ , die am Sonntag, 2. Februar um 11 Uhr durch Bürgermeisterin Sabine Anemüller eröffnet wird. Zur Einführung in die Ausstellung spricht die Viersener Kunsthistorikerin Sigrid Blomen-Radermacher.

Das Jahresmotto „Vier sind Viersen“ wandelt sich so schon ein Stück weit in „WIR sind Viersen“, denn die Leihgaben stammen nicht nur ausschließlich aus Viersener Wohnzimmern und Stuben aller Stadtteile, vielfach geht der Bezug zur Heimatstadt noch weiter: Viersener Künstlerinnen und Künstler sind vertreten wie Marianne Reiners-Maaz, Robert Thelen oder Georg Ettl. Der charakteristische „Ettl-Kopf“ ist diesmal mit blattgoldenem Heiligenschein versehen. Während von Hanns-Josef Kaiser ein sehr typisches Aquarell ausgestellt werden kann, überrascht sicher manchen die kleine Holzskulptur, die seine Frau, die Fotografin Ruth Kaiser, 1963 schuf. Der Süchtelner Hermann Schmitz (1904-31) wird gleich doppelt zu sehen sein: Sein Selbstbildnis prangt neben dem Portrait, das sein Freund Hans Lünenborg von ihm malte. Vater Conrad Schmitz bietet wiederum zweifachen Viersen-Bezug, denn sein Motiv ist die „Versunkene Kapelle“ im Süchtelner Johannistal. Vom im letzten Jahr verstorbenen Will Brüll stammt eine Arbeit, die im wahrsten Wortsinn persönliche Züge des Leihgebers trägt, denn die bronzenen Wandreliefs zeigen ihn und seine Zwillingsschwester im Kindesalter.

Portät von MarlisVallbracht

Marlis Vallbracht zeichnete vor vielen Jahren ihre sechsjährige Tochter, der es nun am Herzen liegt, das Talent ihrer Mutter spät zu würdigen, die zwar Kunst studiert hatte, diese aber zugunsten der Familie zurückstellte. Mit liebevollen Gedanken verbunden sind viele Leihgaben, so der in unglaublicher Feinarbeit gewebte Seidenteppich der Bauhaus-Künstlerin Lis Volger, der bei ihrer Tochter den Schrebergarten der Kindheit lebendig hält. Die in der Langeweile des BWR-Unterrichts auf dem Rechenblock entstandene Zeichnung Jelmer Harkemas gehört ebenso dazu wie die Marktkirche in Hannover, die Heinz Schumacher seiner Tochter als Mittel gegen das Heimweh schenkte, als sie der Liebe wegen an den Niederrhein zog.

Marlis Vallbracht: Ohne Titel (Tochter Ilona). Rötelzeichnung

Thomas Weil: Farbgestaltung Conny’s Come In. (Foto Karl Bongartz)

Viele Geschichten rund um die Kunstwerke verzaubern beinahe ebenso wie die Arbeiten selbst. Erinnerungen werden wach mit Arbeiten von Thomas Weil, der in Boisheims „Conny’s Come In“ die Farbgestaltung übernahm oder mit dDöhmen in ein Kunstwerk verwandelte. Spannend wird es, wenn ein Leihgeber anschaulich erzählt, wie das 2 x 3 Meter große farbgewaltige Ölbild des Regisseurs Luc Scott für ihn entstand. Der Weg von Marc di Suveros großer Lithographie nach Viersen fasziniert ebenso wie die Beteiligung eines Leihgebers am Adolf-Luther-Multiple 1971. Der Besitz von Fotos, die Jerry Lewis anfertigte, ist ungewöhnlich wie das Blatt, auf dem Pierre Brice seine Gönnerin Irène Strozzi zeichnete. Ex libris und Fotoarbeiten, Porzellanskulptur und Schrank, Stahlstich und Grünfeld-Bild mit integrierten Glasaugen: Vieles gilt es zu entdecken in der „Viersener Schatzkammer“.

Thomas Weil: Farbgestaltung Conny’s Come In. (Foto Karl Bongartz)

Hermann Gerstein wird es vielleicht besonders freuen, dass die Festhalle gleich zweimal zu sehen ist: Im Gemälde von Anja Hinzmann wie in einer großformatigen Arbeit, die Schülerinnen 2013 für eine Ausstellung in der Galerie schufen.

4. Hermann Schmitz: Selbstportrait im Prater. Um 1926. Öl auf Leinwand     Heiner Koch: Ohne Titel. Pferdeschädel mit Kordel umwickelt

Heiner Koch: Ohne Titel. Pferdeschädel mit Kordel umwickelt,
Hermann Schmitz: Selbstportrait im Prater. Um 1926. Öl auf Leinwand

Viersener Schatzkammer – Kunstwerke aus 50 Viersener Haushalten
Ausstellungseröffnung: Sonntag, 2. Februar, 11 Uhr
02.02.2020-15.03.2020

Städtische Galerie im Park, Rathauspark 1, Viersen

Öffnungszeiten:
Dienstag - Samstag 15-18 Uhr,
Sonntag 11-18 Uhr
und nach Vereinbarung,
23.02. geschlossen

Eintritt frei

Dienstag, 4. Februar
13-13.30 Uhr Kunstimbiss, Kurzführung durch die Ausstellung in der Mittagspause

Dienstag, 03. März
13-13.30 Uhr Kunstimbiss, Kurzführung durch die Ausstellung in der Mittagspause

Sonntag, 16. Februar
11 Uhr Führung durch die Ausstellung

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