Wasserburg Clörath

Listenart: Bodendenkmal, geschichtliche Denkmäler
Listen-Nummer011
eingetragen seit20.09.2001
Flur / Flurstück93/155, 250
AnschriftClörather Mühle, Viersen - Süchteln

Beschreibung
Drei Kilometer nordöstlich von Viersen steht am Ostufer der Niersniederung die Ruine der ehemaligen Wasserburg bzw. Hofesfeste Clörath. Von der ehemaligen Burganlage ist heute nur ein vierseitiges Gebäude aus Backstein erhalten, das stark mit Strauchwerk bewachsen ist. Die Ruine liegt auf einer leichten Kuppe in einem weidewirtschaftlich genutzten Gelände. Als Senken zeichnen sich die ehemaligen Gräben, bzw. alten Flussschlingen deutlich im Gelände ab. Archäologische Funde und Befunde sind im dargestellten Schutzbereich, der den mittelalterlichen Grabenbereich, Haupt- und Vorburginsel umfasst, nicht bekannt. An der Ostseite, dem Bereich der ehemaligen Vorburg, liegen Wohn- und Wirtschaftsgebäude der Clörather Mühle.

Das Bodendenkmal Clörather Burg erschließt sich weitgehend aus der archivarischen Überlieferung bzw. historischen Karten. Die ältesten bekannten Ansichten, zwei Tuschezeichnungen von ca. 1730, zeigen Haus Clörath in seiner Insellage als eine Einheit mit den umgebenden Wirtschaftsgebäuden und Mühlen. Die genaueren kartografischen Darstellungen beginnen mit der Tranchot-Karte von 1805/06. Hier ist deutlich eine zweiteilige Anlage dargestellt, mit zahlreichen Gebäuden im Vorburgbereich und der Mühle. Auf der Hauptburginsel befinden sich lediglich zwei Gebäude. Von dem stattlichen dreigeschossigen Hauptgebäude der Zeichnungen von 1730 ist auf dieser Karte nicht mehr zu finden. Auf der Vorburg sind zahlreiche Gebäude eingezeichnet, die weitgehend mit der Darstellung in der Urkatasterkarte von 1827 in Übereinstimmung zu bringen sind. Auf dieser Karte und der folgenden Preußischen Uraufnahme der TK25 von 1844 besteht aber die Teilung von Haupt- und Vorburg nicht mehr.

Haus Clörath lag auf kurkölnischem Gebiet in der Honschaft Unterbruch. Der Unterbruch selbst gehörte sowohl zum Amt Oedt als auch zum Amt Liedberg. In diesem sehr feuchten Gebiet lag Clörath an einem Niersübergang und fungierte vermutlich als Grenzanlage gegenüber dem benachbarten gelderischen Viersen und dem jülichschen Süchteln. Im 11. Jahrhundert erhielt die Abtei Gladbach von Kurköln die Rechte eines Grund- und Gerichtsherren im oedischen Unterbruch. Nach Vander waren die dort befindlichen Herrensitze Clörath und Hohensand gegenüber der Abtei kurmudpflichtig.

Für die Zeit der kriegerischen Wirren im truchsessichen Krieg Ende des 16. und der darauf folgenden Jahrhunderte sind mehrere Auseinandersetzungen und Besitzwechsel in Clörath überliefert. Ab 1694 gehörte Haus Clörath zum Besitz der in Neersen ansässigen Grafen von Virmond. Bis 1718 sind mehrere umfangreichere Bauarbeiten bekannt. 1793/94 haben hier mehrere Niersübergänge von französischen und österreichischen Truppen statt gefunden - die mündliche Überlieferung nimmt an, dass in jener Zeit Haus Clörath zerstört und dem Verfall preisgegeben wurde. Als Gut mit den zugehörigen Mühlen wurde es jedoch auch weiterhin bewirtschaftet.

Die ehemalige Wasserburg Clörath gehört aus bodendenkmalpflegerischer Sicht zu den wichtigen Zeugnissen rheinischen Wasserburgenbaus am unteren Niederrhein. Die im Gelände erkennbaren Befunde und die schriftlichen Überlieferungen lassen auf weitere im Boden verbliebene Baureste schließen. Diese mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit getragene Annahme wird durch archäologische Untersuchungen bei vergleichbaren Objekten wie den Wasserburgen Schloss Rheydt und Wickrath in Mönchengladbach gestützt. Bei Erdarbeiten bzw. im Zuge archäologischer Untersuchungen fanden sich hier eine Vielzahl bis dahin unbekannter Fundamente, Mauerreste, Fußböden, Brunnen und sonstiger Anlagen bzw. Bauteile. Im Bereich der ehemaligen Hauptburg von Schloss Clörath sind keine tiefgründigen Bodeneingriffe bekannt, die auf eine Störung oder Zerstörung des Bodenarchivs hinweisen.

Obgleich bauliche Veränderungen ebenso wie die wirtschaftlichen und hauswirtschaftlichen Einrichtungen historisch in vielen Fällen nicht überliefert sind, zeigt die wissenschaftliche Erfahrung, dass ihre Überreste und die Spuren der Aktivitäten meist als umfangreiches Bodenarchiv im Untergrund erhalten sind. Für Haus Clörath sind sowohl Wiederaufbau nach kriegsbedingten Zerstörungen wie Neu- und Umbauphasen überliefert, so dass im Bereich der historischen Anlage mit Überresten von Gebäuden und sonstigen baulichen Anlagen gerechnet werden muss. Derartige Baubefunde können sowohl steinerner Art (z.B. Fundamente, Pflasterungen) als auch hölzerner Art (z.B. Pfostengründungen, Schwellbalken) sein. Auftreten können auch Anlagen des wirtschaftlichen und hauswirtschaftlichen Betriebes wie Brunnen, Abfallgruben und Latrinen. Dazu ist mit Befunden wie Pfostenlöchern und Baugruben sowie bodendenkmalpflegerisch relevanten Schichten zu rechnen, die im Zusammenhang mit der Errichtung, Unterhaltung, Veränderung und Nutzung der Anlage oder einzelner Teile entstanden. Schließlich ist auch von der Existenz untertägiger Überreste von Befestigungselementen (Gräben, Mauern bzw. deren Fundamente oder Ausbruchgruben) auszugehen.

Eine besondere Bedeutung kommt im Zusammenhang mit befestigten historischen Anlagen auch den Gräben zu, von denen im Bereich von Haus Clörath verfüllte Abschnitte nachgewiesen sind. In Bezug auf ihren archäologischen Informationsgehalt ist es unerheblich, ob sie heute verfüllt oder offen sind. Im Laufe des Bestehens der Gräben lagerten sich in ihnen Schichten ab, die praktisch ein archäologisches Archiv der Entwicklung und Geschichte der jeweiligen Gesamtanlage darstellen. Jede einzelne Schicht einer Grabenfüllung liefert in dieser Hinsicht spezifische Informationen. So deuten beispielsweise Ruhigwasserablagerungen, erkennbar an ihrer Struktur und Zusammensetzung, auf störungslose Zeiträume hin. Eingelagerte Abfallschichten, meist mit zahlreichen Funden wie Knochen, Pflanzenresten, zerbrochener Keramik und anderen Alltagshinterlassenschaften, dokumentieren die Lebensweise und die Ernährungsgewohnheiten der Bewohner. In Brand- und Schutthorizonten werden Schadensfeuer und (kriegerische) Zerstörungen sichtbar.

Die im Untergrund mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit befindlichen archäologischen Zeugnisse in Form von Mauerresten, Pfosten, Gruben, Siedlungsschichten und Gebrauchsgegenständen sowie der sie umgebende und einschließende Boden, sind als Mehrheiten von Sachen, die in einem funktionellen Zusammenhang stehen, besonders geeignet, die Lebensweise und Gepflogenheiten der Menschen im Mittelalter sowie die politischen, kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse in dieser Epoche zu dokumentieren.

Die Anlage und das untertägig erhaltene Bodenarchiv ist besonders geeignet zum Aufzeigen der geschichtlichen Entwicklung des Wasserburgenbaus im Rheinland, der Siedlungsgeschichte im Kreis und Stadt Viersen sowie für den Weiler Clörath. Sie ist insofern bedeutend für die Geschichte der Menschen und der Siedlungenentwicklung in der Region. An der Erhaltung des ortsfesten Bodendenkmals "mittelalterlichen Wasserburg Clörath" besteht ein öffentliches Interesse im Sinne der § 2 DSchG NW.

Literatur
Peter Vander: die alten Höfe im Gemeindegebiet Neersen, in: Heimatbuch des Grenzkreises Kempen-Krefeld, 1967,196-209.
Peter Vander: Haus Clörath, in: Heimatbuch des Grenzkreises Kempen-Krefeld, 1973, Seite 240-253
Landesvermessungsamt NW (Hrsg.); Kartenaufnahme der Rheinlande durch Tranchot und mMüffling 1803 - 1820, Blatt 42 Viersen von 1805/06, (1966)

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