Flachsrösten '14 Ruten' - 18 Gruben (104)

Listenart: Bodendenkmal, industrielle Denkmäler
Listen-Nummer018
eingetragen seit23.03.2004
Flur / Flurstück42/95
Anschrift, Viersen - Dülken

Beschreibung
18 Gruben

2,7 km südwestlich von Viersen liegt in einer vernässten Niederung eine Flachsröstenanlage mit 18 wassergefüllten Gruben. Sie sind örtlich unter dem Namen "14 Ruten" bekannt.

Die einzelnen Gruben sind künstlich angelegt und meist etwa 5,00 m lang und 3,00 m breit. Kleinere Anlagen gruppieren sich aus 5-10 Gruben, doch kommen auch Flachsrösten vor, die sich aus 50 bis 100 Gruben zusammensetzen. Solche wassergefüllten Gruben dienten der Flachsbereitung. Nach der Ernte wurden die Stängel gebündelt und in das Wasser dieser Gruben gesenkt. Nachdem man sie zugedeckt hatte, ließ man die Pflanzen etwa zwei Wochen im Wasser faulen. So löste sich die spinnbare Faser vom holzigen Kern des Stängels. Die Dauer des Röstens (von rotten, faulen) war temperaturabhängig. Ein Überrösten hätte die Faser mürbe und unbrauchbar gemacht. Aus diesem Grunde war es sinnvoll, eine Vielzahl kleiner, eng benachbarter Gruben zu benutzen. Einzelne große Gruben hätten die Arbeitskräfte eines bäuerlichen Betriebes nicht in der erforderlichen Geschwindigkeit leeren können. Ein Überrösten und Verderben des Flachses wären die Folgen gewesen. Kleinere Gruben dagegen erlaubten es, sich die Arbeit genau einzuteilen.

Flachsrösten findet man fast ausschließlich in vernässten, z. T. auch in moorigen Niederungen.

Zum Flachsrösten galt stehendes, gegen den Lebensraum der Fische abgeschlossenes Wasser als brauchbar, weil das Rösten in natürlichen Gewässern Fischsterben auslöste. Während des Fäulnisprozesses entwickelte sich ein Gestank, der die Luft der Umgebung weithin verpestete. Aus diesem Grunde wählte man für Flachsgrubenanlagen Standorte, die von den Ortslagen der Dörfer entfernt lagen.

Flachsrösten sind ein Element der niederrheinischen Kulturlandschaft. In ihrer Gesamtverbreitung dokumentieren sie eindrucksvoll die Ausdehnung des ehemaligen Flachslandes zwischen Krickenbeck und Erkelenz. Sie unterstreichen deutlich die hohe wirtschaftliche Bedeutung der Textilgewerbe in der Geschichte des Rheinlandes. Unter der französischen Herrschaft erreichte sie ihren Höhepunkt. Während der Industrialisierung im 19. Jahrhundert blieb ihr Gewicht mehr und mehr hinter Bergbau und Schwerindustrie zurück.

Die Flachsrösten südwestlich von Viersen sind von wirtschaftsgeschichtlicher Bedeutung. Sie erfüllen die Voraussetzungen gemäß § 2 DSchG zur Eintragung als Bodendenkmal in die Denkmalliste. An ihrem Schutz und ihrer Erhaltung besteht ein öffentliches Interesse.

Die Gruben sind gut erhalten.

Literatur
J. S. Halle: Die Leinenmanufaktur oder die vollständige Oekonomie des Flachsbaues nach allen seinen Zweigen (1788) 35-37
Th. Krüger: Sichtbare Spuren der Flachsverarbeitung in der Landschaft des linken Niederrheins, Bonner Jahrbuch 186, 1986
W. Tillmann, Spinnen und Weben. Schr. Museumsverein Dorenburg e. V. 34 (1981)

Quellen
RLMB, Ortsakten: 2083/009

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