Villa Ewald Corty

Listenart: Baudenkmal, städtische Denkmäler
Listen-Nummer379
Baujahr1883
eingetragen seit23.02.2000
Flur / Flurstück94/28
AnschriftBahnhofstraße 36, Viersen - Viersen

Geschichte
Das Haus Bahnhofstraße 36 wurde 1883 durch Ewald Corty als Wohnhaus mit Anbau errichtet. Der nachfolgende Besitzer, Walter Kaiser, ließ das Gebäude 1926 vor allem im Innern um- und einen Teil des Daches zur Dachterrasse ausbauen. 1932 kaufte der "Verein Erholung e.V." das Haus für 35.000 Mark, nachdem sich die "Aktiengesellschaft Erholung", 1877 gegründet, in die Aktiengesellschaft und den Verein Erholung gespalten hatte. Gegründet als Verein "zur geselligen Erholung", der Wein ein- und verkaufte und ein Gesellschaftslokal zur Bewirtung der Mitglieder führte, entwickelte sich die "Gesellschaft Erholung" immer mehr zu einer Einrichtung mit Kostüm- und Karnevalsveranstaltungen, Vorträgen und Diskussionen, Bällen und Festen. Schon 1939 war der Bau einer Kegelbahn am Ende des Grundstücks beantragt worden, aber erst 1951 ausgeführt.

Beschreibung
Bei dem Gebäude handelt es sich um eine zweigeschossige Villa mit fünf Fensterachsen und einem Mansardwalmdach. Das Eingangsportal mit zwei Fenstern im Obergeschoss liegt links um einige Meter zurückversetzt. Die originale Putzfassade, erdgeschossig in Bänderputz ausgeführt, wird horizontal durch ein Sockelgesims mit Kellerfenstern, Stockwerk- und Sohlbankgesims gegliedert. Das Dachgesims wird von blattverzierten Konsolen getragen. Die Fensterbrüstung im Erdgeschoss wird von Stuckkassetten und Stuckrosetten unterbrochen.

Die vertikale Gliederung erfolgt durch Eckquaderung und fünf Fensterachsen, von denen die mittlere durch einen hervorkragenden Balkon im 1. Obergeschoss, der von zwei Säulen getragen, betont wird. Außerdem zeigt das mittlere Fenster des Obergeschosses eine konsolengestützte, bogenförmige Fensterbekrönung mit Girlanden- und Volutendekor und den Buchstaben "EC" (Ewald Corty). Die Balustrade des Balkons wird unter den übrigen Fenstern im Obergeschoss formal weitergeführt.

Die Zwickel oberhalb der originalen Rundbogenfenster im Erdgeschoss und die Dreiecksgiebel über den erneuerten Fenstern im Obergeschoss sind mit pflanzlichen Ornamenten der Neorenaissance geschmückt. Über der Mittelachse und zwischen den äußeren Achsen liegen drei Dachgauben mit Dreiecksgiebel (Fenster sind neu). Die über eine Treppe zugängliche Eingangshalle wird von zwei das Geschossgesims stützenden Säulen flankiert; ein Triglyphenfries leitet zum Dreiecksgiebel mit den verzierten Buchstaben "EC" über.

Im Innern fällt das zum größten Teil im Original erhaltene repräsentative Treppenhaus mit reich verzierten Stuckdecken und einer Holztreppe mit aufwendigem gusseisernen Gitter auf. Die Räume in Erdgeschoss und Obergeschoss werden gestalterisch von den Stuckdecken mit geometrischen und floralen Mustern bestimmt. Die Fenster im 1. Obergeschoss zur Straßenseite sind erneuert, ansonsten sind die alten Fenster und Türen überwiegend erhalten.
Einige Fenster im Anbau weisen noch die alten Bleiverglasungen auf.

Der Stadtbauplan von 1860 war die Grundlage für die Entwicklung der Viersener Innenstadt. Das Gebäude ist ein noch erhaltener Teil der ursprünglichen Bauflucht und bildet mit den Nachbarhäusern ein Ensemble, das wesentlich den Charakter der Bahnhofstraße prägt.

Das Haus ist ein Zeugnis der Stadtentwicklungsgeschichte und weist darüber hinaus einen hohen Anteil an qualitätvoller Originalsubstanz auf, die sich in gut erhaltenem Zustand befindet und Aufschluss gibt über die gehobene Wohnkultur des letzten Viertel des 19. Jahrhunderts.

Aus wissenschaftlichen, insbesondere städtebaulichen und architekturgeschichtlichen Gründen liegen Erhaltung und Nutzung des Gebäudes gemäß § 2 (1) des Denkmalschutzgesetzes im öffentlichen Interesse.

Quellen
Akte Bahnhofstraße 36
Bauordnungsamt der Stadt Viersen
Akte Bahnhofstraße 36
Hochbauamt der Stadt Viersen

Literatur
Gesellschaft Erholung: Versuch einer Chronik aus hundert Jahren Vereinsgeschichte, Viersen 1977

Stand
Hochbauamt der Stadt Viersen
Mai 1997

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