Fragen und Antworten

-INFORMATIONEN RUND UM DAS CAMP AM HOHEN BUSCH

Was passiert da?
Die Bewegung „Ende Gelände“ hat zu einer Versammlung in Viersen aufgerufen. Dazu werden 6000 Menschen erwartet. Die Versammlung hat den Titel „Rheinisches Revier Kohlefrei“ und ist eine von zahlreichen Aktionen gegen den Braunkohle-Tagebau am langen Fronleichnamswochenende. Weitere Hintergründe erläutert die Bewegung auf ihrer Internetseite www.ende-gelaende.org.


Wo gibt es weitere Informationen?
Für Fragen hat die Polizei Aachen ab dem 20. Juni 2019 ein Bürgertelefon unter der Rufnummer

          0241 9577-21013

geschaltet. Weitere Informationen zur Veranstaltung finden Sie auf den Social-Media-Kanälen der Polizei Aachen und der Polizei-Homepage https://aachen.polizei.nrw. In dringenden Notfällen wählen Sie selbstverständlich wie gewohnt die Notrufnummer 110.
(Dieser Hinweis wurde am 20. Juni 2019 eingefügt)


Was bedeutet das: „Versammlung“?
Eine Versammlung im rechtlichen Sinn ist jede Zusammenkunft von drei oder mehr Menschen, die gemeinsam bei der Versammlung entweder eine (politische) Meinung bilden oder eine (politische) Meinung kundtun wollen. In Artikel 8 Absatz 1 des Grundgesetzes ist geregelt: „Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.“

Versammlungen stehen unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes. Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit hat also eine besondere Stellung. Insbesondere müssen alle Behörden ihr Handeln an dem Grundsatz ausrichten, dass sie eine Versammlung möglich machen und schützen sollen.

Nach Absatz 2 des Artikels 8 Grundgesetz kann es für Versammlungen unter freiem Himmel Einschränkungen geben. Allerdings nur, wenn diese Einschränkungen ausdrücklich in einem Gesetz geregelt sind. Solche Regeln gibt es im Versammlungsgesetz.


Wie lange dauert das?
Der Aufbau hat am Sonntag, 16. Juni 2019, um 14 Uhr begonnen.

Die eigentliche Versammlung dauert von Mittwoch, 19. Juni, 12 Uhr, bis Montag, 24. Juni, 17 Uhr.

Der Abbau muss spätestens bis Freitag, 28. Juni, beendet sein.

Rechtlich gehören Auf- und Abbau zur Versammlung. Sie unterliegen damit auch dem Grundrechtsschutz.


Muss das ausgerechnet in Viersen stattfinden?
Nach den Grundsätzen, die das Bundesverfassungsgericht zur Versammlungsfreiheit aufgestellt hat und nach den gesetzlichen Regeln gilt: Wer zu einer Versammlung aufruft, darf bestimmen, wann, wo, in welcher Form und in welchem Umfang diese Versammlung stattfindet.

Ob das aus Sicht der Behörden oder anderer Menschen sinnvoll, vernünftig oder praktisch ist, spielt keine Rolle. Der Staat darf seinen Bürgerinnen und Bürgern nicht vorschreiben, wie, wo, warum und wann sie protestieren dürfen. Das bedeutet auch: Andere Menschen, die nicht an der Versammlung teilnehmen, müssen Einschränkungen durch die Versammlung in einem ganz großen Umfang dulden.


Warum ist das genehmigt worden?
Versammlungen werden nicht genehmigt. Wer zu einer Versammlung unter freiem Himmel aufrufen will, muss das 48 Stunden vorher der Polizei anmelden. Die Polizei kann eine solche Versammlung verbieten, aber nur, wenn, so heißt es im Versammlungsgesetz, „die öffentliche Sicherheit und Ordnung … unmittelbar gefährdet ist“. Übersetzt bedeutet das: Es reicht nicht, dass etwas passieren könnte oder kann, sondern es muss quasi sicher sein, dass sehr Schwerwiegendes geschieht. So schwer, dass es bedeutender ist als der Schutz der Versammlungsfreiheit (Und außerdem so zwangsläufig, dass man es auch nicht durch Auflagen verhindern kann). Das ist eine sehr hohe Hürde.


Aber es wurde doch gegen die Genehmigung geklagt?
Nein, weil es keine Genehmigung gibt. Die Bewegung hat gegen die Bestätigungsverfügung der Polizei geklagt. Diese Verfügung ist zunächst nur ein Schreiben, in dem die Polizei bestätigt, dass sie die Anmeldung bekommen hat.

Im Fall von „Rheinisches Revier Kohlefrei“ hat die Polizei in die Bestätigung eine Reihe von Auflagen hineingeschrieben. Eine dieser Auflagen war, dass die Versammlung nicht am Hohen Busch, sondern in Mackenstein-Peschfeld stattfinden soll.

Gegen diese Auflage richtete sich die Klage. Im Eilverfahren haben sowohl das Verwaltungsgericht Aachen als auch abschließend das Oberverwaltungsgericht Münster entschieden, dass die Versammlung am Hohen Busch stattfinden darf.


Warum Hoher Busch und nicht Peschfeld?
Ganz knapp gesagt: Weil „Ende Gelände“ das so wollte. Wer eine Versammlung anmeldet, darf bestimmen, wo sie stattfindet. Die Polizei darf den Ort nur verändern, wenn es dafür besonders gewichtige Gründe gibt.

In diesem Fall haben die Gerichte gesagt, dass die von der Polizei aufgeführten Gründe dazu nicht ausreichen. Peschfeld sei zwar objektiv für eine solche Versammlung besser geeignet – zum Beispiel weil sich dort der Verkehr wesentlich besser regeln lässt, weil es da unmittelbar Strom und Wasser gibt, weil Feuerwehr und Rettungsdienst dort besser arbeiten können und auch weil man nicht für zwei Wochen eine zentrale Freizeit- und Naherholungsstätte lahmlegt. Das alles wiege aber nicht so schwer wie die Rechte, die sich aus der Versammlungsfreiheit ergeben. Man könnte auch sagen: Die Versammlungsfreiheit erlaubt es der anmeldenden Person, sich für den aus Sicht anderer Leute und der Behörden schlechteren Platz zu entscheiden. Niemand muss begründen, warum er den Ort so wählt, wie er ihn wählt.


Muss die Stadt denn den Hohen Busch hergeben?
Das Gelände am Hohen Busch ist eine öffentliche Fläche und gehört der Stadt. Als Behörde muss die Stadt eine Versammlung ermöglichen. Das ergibt sich aus dem besonderen Schutz des Grundgesetzes. Selbst wenn die Stadt ausdrücklich nein sagt, darf die Polizei diesen Ort für eine Versammlung bestätigen. (Und um das gleich auch zu klären: Nein, die Versammlung muss weder Miete noch Sondernutzungsgebühren bezahlen)


Warum ist die Stadt nicht vor Gericht gezogen?
Grundsätzlich gilt: Die Stadt Viersen schützt selbstverständlich das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit. Darum hat die Stadt nachdem sie von der Anmeldung erfahren hat, ihre Bemühungen ausschließlich darauf gerichtet, ihren Teil zu einem friedlichen und reibungslosen Ablauf beizutragen. Wir hielten und halten den Platz in Mackenstein-Peschfeld für deutlich besser geeignet.

Die Zuständigkeit für Versammlungen liegt auf der Behördenseite bei der Polizei. Die Stadt ist in dem Verfahren um die Bestätigung der Versammlung vom Gericht nicht beteiligt worden. Wir haben beantragt, beteiligt zu werden. Das Gericht hat aber die sogenannte Beiladung der Stadt ausdrücklich abgelehnt.

Natürlich haben wir unsere Argumente und Bedenken der Polizei vorgetragen. Diese sind auch in die Auflagen eingeflossen, soweit die Polizei unseren Standpunkt geteilt hat.

Theoretisch hätten wir gegen die zweite Bestätigung der Polizei selbst klagen können. Also gegen die Bestätigung, in der der Hohe Busch statt Mackenstein steht. Aber: Diese Regelung hat die Polizei getroffen, weil es die Gerichte so angeordnet haben. Würden wir jetzt dagegen klagen, würden darüber genau die Richterinnen und Richter entscheiden, die das vorher in ihrem Beschluss so festgelegt haben. Hier kann sich jeder einfach ausrechnen, dass das vollkommen sinnlos wäre.


Wieso entscheidet eigentlich Aachen?
Normalerweise wendet man sich bei Versammlungen in Viersen an die Kreispolizei Viersen. Das Land hat aber festgelegt, dass für alle Geschehnisse rund um den Protest gegen den Braunkohle-Abbau das Polizeipräsidium Aachen ausschließlich zuständig ist. Das gilt nicht nur für die Anmeldung und die Bestätigung, sondern auch für die nachfolgenden Einsätze.

Daraus folgt dann auch die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes in Aachen, nicht wie sonst Düsseldorf. Wenn rund um die Versammlung Polizei unterwegs ist, dann wird das von Aachen aus gesteuert.


Was ist die Rolle der Stadt?
Aufgabe der Stadt Viersen ist es, die Polizei bei deren Aufgabenerfüllung im Verlauf der Versammlung ordnungsbehördlich und feuerwehrtechnisch zu unterstützen. Dazu gehört beispielsweise die erhöhte Einsatzbereitschaft von Feuerwehr und Rettungsdienst. 

Wir stellen uns dieser Aufgabe. Unabhängig von der Frage, ob Hoher Busch oder Mackenstein-Peschfeld. Unser oberstes Ziel ist und bleibt es, eine friedliche Versammlung zu ermöglichen.


Warum wurden die Freizeitsportanlagen gesperrt?
Die Einrichtungen wie Skate Plaza, Beachvolleyball- und Basketballfeld und BMX-Anlage sind teils neu, teils erneuert und allesamt in gutem Zustand. Für die Versammlung werden sie nach Angaben der Bewegung nicht benötigt. Darum gehören sie nicht zum Versammlungsgelände. Sie sind allerdings nur über das Versammlungsgelände zugänglich.

Niemand gewährleistet den Schutz und Unterhalt der Anlagen während der Versammlung. Es gibt keine Versicherung gegen Schäden. Deswegen ist in der polizeilichen Bestätigung ausdrücklich angeordnet, dass die Versammlung die Anlagen sichern muss. Das haben wir erledigt, um zu gewährleisten, dass die Bauzäune fachgerecht aufgestellt werden.

Auch bei „Eier mit Speck“ sind Skate Plaza und BMX-Gelände abgesperrt. Die anderen Spielfelder liegen im ständigen Kontrollbereich des Sicherheitsdienstes der Veranstaltung. Außerdem können wir hier bei eventuellen Schäden sofort eingreifen, weil wir Zugang zu den Feldern haben.


Warum sind die Sportplätze gesperrt?
Die betroffenen Vereine haben nach Beratung mit der Stadt entschieden, die Sportplätze während der Dauer der Versammlung nicht zu nutzen. Das geschah insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Plätze während dieser Zeit nicht mit dem Auto angefahren werden können. Die Stadt hat zusammen mit den Vereinen Ausweichmöglichkeiten gefunden.


Was ist mit dem Waldkindergarten?
Trägerverein und Stadt haben in gutem Miteinander eine Gastunterbringung der Kinder in einer städtischen Kita organisiert.


Warum die Einbahnstraße und die Halteverbote?
Die Sicherheit hat oberste Priorität. Darum müssen die Rettungswege, auch für die Versorgung der Menschen an der Schirick, sichergestellt sein. Anders als bei „Eier mit Speck“ gibt es für die Versammlung kein Verkehrskonzept. Die beim Festival von den Speckis angemieteten Parkplätze stehen nicht zur Verfügung.

Zu der Versammlung sind rund 50 Reisebusse angekündigt. Wie die weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmer an- und abreisen, ist unklar. Während der Versammlung werden viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu Kundgebungen in Aachen und im Braunkohlerevier fahren und zurückkommen. Dazu sollen Shuttlebusse fahren. Nach der Bestätigungsverfügung darf nur ein Teil der Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf dem Gelände übernachten. Sehr viele müssen darum abends den Bereich verlassen.

All das lässt eine unübersichtliche Verkehrslage erwarten. Um unter diesen Umständen die abzusehenden großen Menschenströme bewältigen zu können und gleichzeitig sicherzustellen, dass Feuerwehr und Rettungsdienst durchkommen, blieb nur die Möglichkeit der Einbahnregelung. Sie sorgt dafür, dass immer mindestens eine Fahrspur frei ist.

Sonderregelungen für Anwohnerinnen und Anwohner sind weder machbar – das ginge nur, wenn die Strecke für Sicherungsposten überschaubar wäre – noch wären sie rechtlich zulässig. Die vorübergehende, zeitlich begrenzte Einschränkung müssen die Menschen im Interesse der Sicherheit aller hinnehmen.

Details zu den Einschränkungen gibt es hier:
https://www.viersen.de/de/mitteilung/aachener-weg-einbahnstrasse/


Wer kommt für die Kosten auf?
Bei Versammlungen unter freiem Himmel gilt allgemein: die Kosten, die bei denen entstehen, die sich versammeln, zahlen eben diese. Die Kosten für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung trägt die Allgemeinheit - auch, weil nur so Versammlungen überhaupt möglich sind. Und Schäden zahlt die Person, die sie verursacht. So jedenfalls die Theorie. Also eigentlich genau die Kostenverteilung, die man auch hat, wenn es die Versammlung nicht gäbe.


Warum ist das Camp nicht vergleichbar mit „Eier mit Speck“?
„Eier mit Speck“ ist eine Veranstaltung, das Camp ist eine Versammlung. Damit gelten vollkommen andere rechtliche Grundlagen:

Bei einer Veranstaltung ist die Stadt Viersen zuständig und erteilt eine Genehmigung.

Für „Eier mit Speck“ gibt es umfangreiche Regelungen. Dazu gehören beispielsweise ein Sicherheitskonzept und ein Verkehrskonzept. Alles, was dort passiert, ist in enger Abstimmung zwischen der Stadt und den „Speckis“ aufgeschrieben und festgelegt. (Das Musikprogramm stellen die Speckis allerdings ohne Absprache mit der Stadt zusammen …)

„Eier mit Speck“ hat einen langen zeitlichen Vorlauf. Außerdem ist das Zusammenwirken aller Beteiligten seit Jahren erprobt und basiert auf gegenseitigem Vertrauen.

Die Genehmigung von „Eier mit Speck“ enthält eine Vielzahl von Auflagen, die bei einer Veranstaltung möglich sind. Für eventuelle Schäden müssen die Speckis als Veranstalter eine Versicherung nachweisen.

Bei einer Versammlung liegt die Zuständigkeit allein bei der Polizei. Auflagen können nur in ganz wenigen Ausnahmefällen gemacht werden. Es gibt keine Versicherung gegen Schäden – hier müsste die konkrete Person, die einen Schaden verursacht, gefunden und herangezogen werden.



Schlussbemerkung
Diese Fragen-und-Antworten-Liste erläutert in allgemein verständlicher Form den Sachverhalt. Sie gibt keine rechtsverbindlichen Auskünfte. Aus dieser Liste lassen sich keine Ansprüche herleiten, sie ordnet nichts an. Um verständlich zu bleiben, vereinfacht der Text an vielen Stellen. Wir haben darauf geachtet, dass die Liste dabei aber nicht verfälscht. Wenn im Text oder durch Verweise (Links) Ansichten Dritter berichtet werden, bedeutet das nicht, dass die Stadt Viersen diese Ansichten teilt.

Hinweise auf Fehler oder fehlende Fragen und Antworten bitte ausschließlich per E-Mail an pressestelle@viersen.de. Wir bearbeiten diese so schnell wie möglich, bitten aber um Verständnis, dass wir nicht in jedem Fall über Details diskutieren werden.

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Pressemitteilung Stadt Viersen
Inhalte geben den Stand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung (18.06.2019) wieder.

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