Wegekreuz (Sektionskreuz) Krefelder- / Ecke Alte Bruchstraße

Baudenkmal Details
Listenart städtische Denkmäler
Listennummer 567
Baujahr 1895
Eingetragen seit 08.05.2025
Flur / Flurstück 13/470
Adresse
Krefelder Straße 68
41748 Viersen
Sektionskreuz Krefelder Straße
Bauherr: Wilhelm Sommer

Das von dem Viersener Bildhauer und Steinmetzen Wilhelm Sommer 1895 gefertigte Wegekreuz aus Sandstein liegt an einer Straßengabelung. Es ist offenbar bewusst platziert vor einer ornamentierten, backsteinsichtigen Außenwand eines angrenzenden Hauses. Der Sandstein ist heute weiß gestrichen. Zwei schmiedeeiserne Leuchter flankieren das Kreuz. Dahinter befindet sich ein Hochbeet.

Lage

Das Wegekreuz befindet sich an der Straßengabelung Krefelder Straße / Alte Bruchstraße. Insbesondere von der Krefelder Straße aus in Richtung Innenstadt Viersen ist das Kreuz sehr gut ersichtlich und prägt den Straßenraum. Das Kreuz ist zur Gabelung hin nach Osten ausgerichtet. Die Krefelder Straße hat ihre Ursprünge um 1800 als Fahrweg mit einem späteren Ausbau zur Straße. Der Straßenverlauf blieb unverändert. Die Alte Bruchstraße gehört zu den ältesten Straßen Viersens und verbindet die Krefelder Straße mit der Lindenstraße. In einem Situationsplan von 1886 zur Errichtung eines Lagerhauses an der Krefelder Straße 66 ist der Straßenabschnitt in unmittelbarer Nähe des Wegekreuzes als „Chaussee“ eingetragen.

Sektionskreuz Krefelder Straße
Krefelder Straße / Ecke Alte Bruchstraße

Geschichte

Ein erstes Kreuz aus Holz wurde im Oktober 1857 nach der Weihe durch den Oberpfarrer Schröteler aufgestellt. In einem Situationsplan aus dem Jahr 1868 ist der Standort des Wegekreuzes als Betstelle auf dem bis heute unveränderten Grundstück des Fabrikfonds St. Josef auch dargestellt. Gemäß den Ausführungen von Pfarrer Paul Dickmann in der „Geschichte der Pfarre St. Josef und der Tochterpfarre St. Marien von 1879-1963“ wurde das ursprüngliche Holzkreuz 1928 an der Rückwand der neuangelegten Krypta der Pfarrkirche St. Joseph aufgestellt. „Es war alt und drohte zu zerfallen.“ Stattdessen wurde am 30.10.1895 das heutige neugotische Kreuz feierlich aufgestellt. „Das hochaufragende würdige Kreuz beherrscht die Straße weithin. Die Instandhaltung und Schmückung ist Aufgabe der Nachbarschaft, die diese Ehrenpflicht mit Sorgfalt und Umsicht erfüllt. Am Markustage ist vor diesem Kreuze für die Bittprozession Ruhe- und Gebetsstation. Auch wurde dort, solange St. Josef eine eigene Fronleichnamsprozession hatte, der sakramentale Segen erteilt.“ Das Sandsteinkreuz wurde von dem Viersener Bildhauer Wilhelm Sommer entworfen und hergestellt. Die Kosten konnten durch Geldsammlungen der St. Josephs Schützengesellschaft beglichen werden.

Beschreibung

Es handelt sich um ein ungewöhnlich großes Sektionskreuz mit einer Höhe von 5 Metern und 80 Zentimetern. Das Kleeblattkreuz mit dem Korpus Christi steht erhöht auf einem Postament. Auf dem oberen Teil des Längsbalken über dem Haupt Christi befinden sich in quadratischer Anordnung die Buchstaben „INRI“. Die darunterliegende Vierung schmückt eine kreisrunde Kartusche, welche von der ansonsten vorherrschenden Vierpass-Ornamentik abweicht. Der Leib Christi ist detailreich ausgearbeitet, so sind einzelne Muskelpartien und Sehnen gut ersichtlich. Im Allgemeinen liegt eine stimmige Proportionierung des Körpers vor. Auch das Lendentuch ist filigran gearbeitet und passend drapiert, sodass das Material des Steins nicht der angestrebten Leichtigkeit des dargestellten Stoffes entgegenwirkt. Das Haupt Christi ist leicht zur rechten Seite geneigt, die Augen geschlossen. Das Tragen einer Dornenkrone ist angedeutet, aber nicht markant herausgearbeitet. Die Hände sind jeweils an den Querbalkenenden genagelt, wohingegen die Beine übereinandergeschlagen und die Füße gemeinsam am unteren Längsbalken gena-gelt sind. Die hier vorliegende Darstellung des gekreuzigten Christi ist zurückhaltend, aber präzise ausgearbeitet worden. Die weiße Farbfassung begünstigt indirekt die plastische Wirkung des Korpus durch eine stärkere Wahrnehmung des Schattenwurfes.

Insbesondere am Fuß des Längsbalken und bei dem darunterliegenden Postament ist eine neogotische Formensprache vorherrschend. Als Bindeglied zwischen Längsbalken des Kreuzes und Postament dienen kleine Strebepfeiler mit Kaffungen und Sockelgesim-sen. Das Postament besitzt einen rechteckigen Grundriss und steht auf einem zweistufi-gen Sockel aus Naturstein. Im oberen Bereich bildet es eine Überdachung aus und wird durch einen Quader mit Dreipassbogen auf der Frontseite geschmückt. Die vertikalen Sei-tenkanten des Postaments sind mit einer Fasung versehen, welche seitlich und hinten eine Wulst mit Torus-Profil ausbildet. Die Inschrift in der zentralen Kartusche mit Dreipassbogen lautet:

„O ihr
Alle, die ihr
Vorübergehet am
Wege, habet Acht
Und schauet, ob ein
Schmerz sei, wie
Mein Schmerz.“

Des Weiteren ist unter dem Kranzgesims folgendes zu lesen:

„ERRICHTET 1895“

Die flankierenden Leuchten und das rückwärtig liegende Hochbeet sind Teil eines Ensembles, welchem ehemals auch eine schmiedeeiserne Einfriedung zugehörte. Diese grenzte die Freifläche um das Wegekreuz in Form eines Pyramidenstumpfes ein und diente als Verlängerung der Häuserflucht des angrenzenden Gebäudes. Der Zugang zum Kreuz war über ein eingelassenes Tor an der Ostseite möglich.

Denkmalwert

Als Zeugnis der regionalen Sakralkunst des ausgehenden 19. Jahrhunderts und der Handwerkskunst eines lokal bedeutenden Stein- und Bildhauerbetriebs ist das Wegekreuz (Sektionskreuz) bedeutend für Städte und Siedlungen. Der Stein- und Bildhauerbetrieb von Wilhelm Sommer genoss große Bekanntheit in Viersen und der umliegenden Region. Wilhelm Sommer wurde am 29.04.1852 in Krefeld-Linn geboren. In den 1870er Jahren ließ er sich als Stein- und Bildhauer in Viersen nieder. Mit der Errichtung seines Wohnhauses nebst Werkstattgebäude und „Ausstellungsraum für Grabdenkmäler“ in einer Freifläche in unmittelbarer Nähe des Friedhofs Löh avancierte Wilhelm Sommer zum prominentesten Vertreter unter den ortsansässigen Steinmetzbetrieben. In Anzeigen warb er für seine Spezialität: Grabdenkmäler, mit billigsten Bezugsquellen und großer Ausstellung von Grabsteinen. Auf seinem Firmenbriefkopf ist zum einen seine Schleiferei und Sandstrahlbläserei mit Dampfbetrieb in Mönchengladbach dargestellt, die Glasfirmenschilder in allen Ausführungen fertigt, zum anderen der Steinmetzbetrieb in Viersen, der eigenen Entwürfe anpreist und die große Auswahl an Grabdenkmälern in Granit, Syenit, Marmor und Sandstein. Aus seiner Werkstatt stammen denkmalgeschützte Objekte u.a. Mönchengladbach-Venn (Friedhofskreuz, 1885), Süchteln (Wegekreuz/Ehrenmal Rheinstraße), Brüggen (Jüdischer Friedhof), Brüggen-Heidhausen (Wegekreuz) und auf dem Friedhöf Löh. Hervorzuheben sind hier die monumentale Grabwand für die Grabstätte der Familie des Kommerzienrates Friedrich Paul Greef sowie Grabstätten für die Mitglieder der eigenen Familie. Wilhelm Sommer starb am 26.12.1922 in Viersen. Neben ihm bestattet sind seine beiden Ehefrauen und seine drei unverheirateten Töchter.
Religiöse Kleindenkmäler wie Wegekapellen und Wegekreuze haben einen engen Orts- bzw. Standortbezug. Sie dienen als Sektionskreuze der umliegenden Bevölkerung. Sie erinnern als Hagelkreuze, Pestkreuze, Missionskreuze oder Gedenkkreuze an überstan-dene Naturkatastrophen oder Krankheiten. Sie werden in der Regel von Kirchengemein-den oder religiös motivierten Bewohnern gestiftet und vor Ort aufgestellt. So werden z.B. die Kerzen in den Laternen, die neben Sektionskreuzen stehen, bis heute bei Todesfällen in der Sektion jeden Abend bis zur Bestattung des Toten angezündet. Angehörige, Nach-barn und Schützenbrüder treffen sich zu diesem Anlass dann abends zum Gebet. Aus einem Zeitungsartikel über die Errichtung des Kreuzes aus dem Jahr 1895 geht hervor, dass das Kreuz möglichst lange erhalten bleiben solle und auch den „Nachkommen Zeugnis gebe von dem frommen Sinne ihrer Vorfahren.“ Das Wegekreuz dokumentiert daher die religiöse Praxis und öffentliche Glaubensausübung um das Jahr 1900.


An der Erhaltung und Nutzung des Kreuzes besteht daher aus wissenschaftlichen und volkskundlichen Gründen ein Interesse der Allgemeinheit.

Schutzumfang

Teil des Denkmals ist das Wegekreuz aus Sandstein sowie der zugehörige zweistufige Steinsockel, die flankierenden schmiedeeisernen Straßenleuchten und das schmale backsteinerne Hochbeet an der Mauer.

Quellen

Akte Wegekreuz, Alte Bruchstraße/ Ecke Krefelder Straße Sta. 65, Hochbauamt der Stadt Viersen
Bauakte Stadt Viersen, Krefelder Straße 66
Stadtarchiv Viersen, Familienanzeigen aus Viersener Zeitungen
Viersener General-Anzeiger Nr. 85 (23.10.1895)
Viersener General-Anzeiger Nr. 87 (30.10.1895)

Literatur

Dickmann, Paul: Geschichte der Pfarre St. Josef und der Tochterpfarre St. Marien von 1879-1963, Mönchengladbach 1967.
Habrich, Heinz / Hoffmann, Klaus: Sakrale Kleindenkmäler – Wegekreuze in Mönchengladbach, Mönchengladbach 2007.
Verein für Heimatpflege e.V. Viersen (Hrsg.): Viersen im Wandel der Zeiten - Straßenbilder: mit zahlreichen historischen Fotos, Postkarten, Luftbildern und Stadtplänen. Viersen 2018.

Stand

31.03.2025
Stadt Viersen
Fachbereich 63 – Bauordnung
Untere Denkmalbehörde
gez. Prümm