Listenart | städtische Denkmäler |
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Listennummer | 566 |
Baujahr | 1913 |
Eingetragen seit | 19.03.2025 |
Flur / Flurstück | 105/153 |
Adresse |
Gereonstraße 81
41747 Viersen |

Entwurf: Theo Holthausen
Geschichte
Das für Jakob Neuhausen durch Theo Holthausen errichtete zweigeschossige Wohnhaus liegt im Viersener Süden an der Gereonstraße 81. Bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfuhr die junge Stadt Viersen ein hohes Maß an Bevölkerungswachstum, bedingt durch die ansässige Fabrikindustrie. Die in der Innenstadt ausgeprägte und flächendeckende Bebauung führte dazu, dass bereits zu dieser Zeit auch die umliegenden Nebenstraßen, vorzugsweise im Bereich des neuen Bahnhofs, eine Bebauung erfuhren. Auf Grund dieser fortschreitenden, städtebaulichen Entwicklung, fand der daraus resultierende Stadtbauplan bereits 1860 Genehmigung. Die im Süden geplante und die Innenstadt begrenzende Ringstraße erfuhr mehrere Überarbeitungen, jedoch letztendlich keine Realisierung. Die Gereonstraße ist das Verbindungsglied zwischen den Ortsteilen Rintgen und Hamm und beginnt direkt an dem ehemaligen Neumarkt (Gereonsplatz), dem Zentrum des Ortsteils Rintgen. Eine Bebauung dieser und der umliegenden Straßen als Erweiterung der südlichen Innenstadt wurde auf Grund fehlender mittelalterlicher Strukturen stark begünstigt und war zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch nicht abgeschlossen.
Beschreibung
Das zweigeschossige Stadthaus befindet sich in zentraler Lage in der Viersener Südstadt an der Gereonstraße. Es schließt sich der damaligen rechtsliegenden Straßenbebauung an, wohingegen die linksseitige Bebauung erst in den 1930er Jahren entstand. Rückseitig befindet sich ein Anbau, welcher in den 1920er Jahren erweitert und in den 1950er Jahren aufgestockt wurde. Die Straßenfassade umfasst ein Sockelgeschoss sowie zwei Vollgeschosse und einen Zwerchhausgiebel im Dachgeschoss.
Die Fensterachse besteht im Erdgeschoss aus einem linksseitigen Fenster und wird nach oben mit je zwei Fenstern fortgeführt. Die verbauten Fenster mit Holzprofilen sind nicht aus der Erbauungszeit, orientieren sich mit ihrer Gliederung aber an dieser. Die Haustüre entzieht sich der Fensterachse und ist auf der rechten Fassadenseite mit vier zugehörigen Stufen tief eingenischt. Die Ausgestaltung der Haustüre mit Buntglasfenstern, Kassettierung und Oberlicht entspricht dem Zeitgeist um das Jahr 1900. Eine rechtwinklige und geradlinige Blumengirlande schmückt den Eingangsbereich. Das Motiv der Blumengirlande findet weitere Anwendung bei einem ovalen Medaillon im Zwerchhausgiebel, welches drei Blüten zeigt. Ein weiteres, rechteckiges Medaillon ist im Erdgeschoss, rechts der Fensterachse, eingelassen. Bei diesem integriert sich die Blumengirlande in das Motiv eines Kopfes mit angrenzenden Voluten.
Das Sockelgeschoss hebt sich durch eine Rustizierung der großformatigen Steine von der weiteren Fassadengestaltung ab. Das zwischen Sockel- und Erdgeschoss liegende Ge-simsband betont diese Trennung. Es befindet sich erst auf Höhe der Unterkante des Erd-geschossfensters und umfasst daher auch die Erdgeschossbrüstung. Diese Vorgehens-weise wiederholt sich im Erdgeschoss, auch hier schließt ein Gesimsband an der Unterkante des Obergeschossfensters ab. Erst zwischen Obergeschoss und Zwerchhausgiebel löst sich die Verschiebung der Geschosshöhen langsam auf, da das dortige Gesimsband als eine Art Fensterbank fungiert. Es verbindet die beiden Fenster im Zwerchhausgiebel miteinander und endet mit der Fensterachse. Die optische Vergrößerung der einzelnen Geschosse lässt die Fassadenfront insgesamt höher erscheinen.
Die ursprüngliche Raumaufteilung ist größtenteils erhalten. Im Erdgeschoss schließt an den Eingangsflur der zentrale Treppenraum an der rechten Außenwand an. In diesen bei-den Bereichen ist ein Terrazzo-Boden der Erbauungszeit erhalten. Der Boden ist in dunkelgrünen bis weißen Farbtönen angelegt und schließt zur Wand mit einem Randstreifen aus dunkelroten bis braunen Farbtönen ab. Die zentral platzierte einläufige Treppe verbindet die Geschosse miteinander. Der zugehörige Handlauf beginnt an einem mehrfach gedrechselten Treppenpfosten aus Naturholz und wird von ebenfalls gedrechselten Staketen getragen. Die beiden hintereinander angeordneten, linksliegenden Wohnräume sind über eine Türe aus dem Treppenraum erreichbar. Die Innentüren stammen im Wesentlichen aus der Entstehungszeit und sind mit einer Kassettierung bestehend aus zwei vertikalen Feldern sowie einem horizontalen Feld im obersten Viertel geschmückt. Hierbei sind einzelne Abweichungen vorhanden, sodass beispielsweise eine Glasfläche an die Stelle der horizontalen Kassettierung tritt.
Im westlichen Treppenraum befindet sich der Durchgangsbereich in das Hinterhaus, welches ca. die Hälfte der Grundstücksbreite in Anspruch nimmt. In diesem ist die Küche mit Essbereich verortet. Der Außenbereich ist durch einen südlich liegenden Durchgang im Treppenraum erreichbar. Die Gartentüre grenzt sich von den vorhandenen Innentüren ab. Diese orientiert sich an den vorhandenen Fensteröffnungen der Gartenseite und ist eben-falls mit einem Segmentgiebel ausgestattet. Zur besseren Belichtung des Treppenraumes sind zwei Glasflächen in die Gartentüre eingelassen. Gegenüber befindet sich der Abstieg in die Kellerräume. Diese erstrecken sich über den kompletten Bereich des Vorderhauses mit je einem Raum entlang der Straßenfront und einem schmaleren Raum an der Gartenfront. Das Obergeschoss ist weitestgehend deckungsgleich mit dem Erdgeschoss. Lediglich die Zwischenwand der östlichen Wohnräume ist mittig zwischen den beiden Fenstern angeordnet und nicht wie im Erdgeschoss an die Breite des Eingangsbereichs angepasst. Auch im Dachgeschoss ist die Raumaufteilung erhalten, lediglich die beiden zur Straßen-seite gerichteten Wohnräume wurden miteinander verbunden und deren Zwischenwand entfernt. Die Balken des Dachstuhls sind als dekorative Elemente in die neue Raumge-staltung eingeflossen und erinnern an die vorherige räumliche Trennung. Als Bodenbelag ist in den Wohnräumen geschossübergreifend ein authentischer Naturholzdielenboden zu sehen.
Denkmalwert
Das an der Gereonstraße 81 in Viersen gelegene Wohnhaus ist ein gutes Beispiel für die Viersener Bau- und Stadtentwicklungsgeschichte zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Insbesondere der südliche Stadtbereich befand sich zu dieser Zeit noch in einer Entwicklungsphase und bot Freiflächen für Wohnhausneubauten, dabei schlossen die Neubauten jeweils an die vorhandene Bebauung an. Durch diese Art der Bebauung, wie es auch auf die Gereonstraße 81 zutrifft, entstand im Laufe der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts eine geschlossene Blockrandbebauung entlang der südlichen Gereonstraße.
Auf Grund der zuvor beschriebenen Merkmale und Charakteristika des sehr gut erhaltenen Wohngebäudes dient das Objekt insbesondere als beispielhaftes Zeugnis der städtischen Entwicklung Viersens zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Es handelt sich um ein anschauliches Beispiel des Wohntypus von einem Stadthaus. Die sich entwickelnde Blockrandbebauung wurde insbesondere eine Heimat für die einfache Bevölkerung, welche teilweise auch eine gewerbliche Nutzung in den Wohnhäusern unterbrachte. Es fand bereits kurz nach Errichtung des Objekts ein Eigentümerwechsel statt, sodass das Objekt langjährig als Wohn- und Geschäftshaus für den Schneidermeister Mathias Siebs diente. Die klassische Raumaufteilung eines Wohnhauses ist trotz der mitunter gewerblichen Nutzung unverändert. Die schlichte aber dennoch ausgeprägte Fassadengestaltung orientiert sich zwar an der vorherrschenden Formsprache der Gründerzeit, weicht aber bei ihren Ornamenten von dieser ab. Insbesondere die verwendeten Medaillons und auch die Haustüre sind stilistisch stark vom Jugendstil geprägt.
Die Eingliederung in die Reihenbebauung entlang des südlichen Straßenverlaufs der Gereonstraße, die innere Raumaufteilung, sowie die Kombination der vereinfachten stilistischen Mittel aus Gründerzeit und Jugendstil sind typisch für das einfache bürgerliche Stadthaus dieser Zeit. Das benannte Objekt ist ein besonders anschauliches Dokument der Architektur- und Ortsgeschichte Viersens zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Die Erhal-tung des Objekts liegt daher aus wissenschaftlichen, insbesondere architekturgeschichtlichen und städtebaulichen Gründen im öffentlichen Interesse.
Das Hinterhaus mit Anbau ist Teil des Denkmals.
Quellen
- Bauakte der Stadt Viersen
Literatur
- Verein für Heimatpflege e.V. Viersen (Hrsg.): Viersen im Wandel der Zeiten - Straßenbilder: mit zahlreichen historischen Fotos, Postkarten, Luftbildern und Stadtplänen. Viersen 2018.
- Werner Mellen: Die bauliche Entwicklung. In: Viersen. Beiträge zu einer Stadt 5 (1983), S. 7-23.
Stand
10.02.2025
Stadt Viersen
Fachbereich 63 – Bauordnung
Untere Denkmalbehörde
gez. Prümm