Listenart | städtische Denkmäler |
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Listennummer | 572 |
Baujahr | circa 1930 |
Eingetragen seit | 06.08.2025 |
Flur / Flurstück | 31/34 |
Adresse |
Kreyenbergstraße 43
41751 Viersen |

Geschichte
Die Anlage des Friedhofs an der Arnoldstraße 1873 trug dem raschen Wachstum Rechnung, den die Stadt Dülken zwischen 1830 und 1900 aufgrund ihrer Bedeutung als Industriestandort erlebte. 1826/30 war der Kirchhof bei der Kirche St. Cornelius im Ortskern aufgelassen worden, weil aus hygienischen Gründen die Toten nicht mehr innerhalb der Stadt beigesetzt werden sollten. Einen neuen Friedhof gründete man zunächst wenige hundert Meter nördlich der alten Stadtmauer. Nicht zuletzt die Errichtung des Bahnhofs nördlich der Stadt im Jahre 1866 führte jedoch dazu, dass dieser bald inmitten eines sich rasch entwickelnden Stadtteiles lag, so dass man sich zur Anlage eines neuen Friedhofs jenseits der Bahnlinie entschloss. Den Standort wählte man in einiger Entfernung zum bestehenden Stadtkörper, da man optimistische Erwartungen für die zukünftige Entwicklung der Stadt hatte, was u.a. der Bebauungsplan von 1894 belegt. Diese Erwartungen erfüllten sich allerdings nicht, weswegen der Friedhof auch heute noch nur lose städte-baulich eingebunden ist. Auf dem Friedhof befindet sich eine große Anzahl beachtenswerter Grab- und Ehrenmäler, die wichtige Zeugnisse der Geschichte und Bedeutung Dülkens sind.
Beschreibung
Der Grabstein ist aus einem roten Granit skandinavischer Herkunft von der Steinbildhauerei Franz Tenbusch, Düsseldorf gefertigt. Zentraler Bestandteil der Grabstätte ist das dreifach abgesetzte, auf der schmalen Längsseite stehende Rechteck. Die Rückseite ist geschurt, ansonsten sind die Steinflächen geschliffen. Der Sockel reiht sich in die schlichte und moderne geometrische Formensprache ein. Dieser besteht aus einem Querbalken als tragendes Element, welches durch drei Steine mit quadratischer Grundfläche erhöht wird. Der Familienname ist als Relief angebracht, wohingegen die einzelnen Namen und Daten der verstorbenen als Gravur aufgebracht wurden. Im Mittelfeld ist zu lesen:
FAMILIE H. HOOGEN
MARIE LUISE HOOGEN
1903 1909
HERMANN HOOGEN
1871 1933
AUGUSTE HOOGEN GEB. FUESERS
1876 1938
FRANZ HOOGEN
1901 1950
GRETE HOOGEN
1895 1969
Die vor dem Grabstein liegende ergänzende Steintafel für Werner, Hermann und Maria Hoogen ist jüngeren Datums und nicht Bestandteil des Denkmals.
Denkmalwert
Hermann Hoogen wurde am 4.2.1871 in Dülken als Sohn von Bertram Hoogen geboren. Er besuchte die Bürgerschule in Dülken. Die weitere Ausbildung erhielt er in Hilden und später in Belfast (Irland). Seit 1902 war er in der Geschäftsführung der Firma B. Hoogen & Co. Tätig. In diese trat er am 21.8.1903 als persönlich haftender Gesellschafter ein und übernahm 1907 nach dem Tod des Vaters im Alter von 36 Jahren die Firma.
Die 1864 gegründete Firma B. Hoogen & Co (das Co stand für Robert Schaafhausen vom Kölner Schaafhausen’schen Bankverein), die den Verkauf von Nadeln und Zwirnen betrieb und 1872 in die Firma Gebr. Hoogen (Vertrieb von Leinen-, Hanf- und Jutegarn) umgewandelt wurde, baute im Jahr 1883 eine eigene Zwirnerei nebst Kontor- und Lagerräumen an der Tal- bzw. Viersener Straße. Hermann Hoogen heiratete am 10.09.1900 die Dülkenerin Christine Auguste Fuersers. Aus dieser Ehe gingen zwei Kinder hervor. Der Sohn Franz Hermann wird 1901 in Dülken geboren und verstirbt 1950 ebenfalls in Dülken. Die Tochter Marie-Luise verstarb im Alter von sechs Jahren ebenfalls in Dülken.
Der Grabstein ist ein historischer und prägender Bestandteil des Dülkener Friedhofs. Er gibt insbesondere auf Grund seiner besonderen Gestaltung und Materialität Auskunft über die gesellschaftliche Stellung der Verstorbenen und benennt Akteure der Dülkener Ortsgeschichte. Entstanden ist er wahrscheinlich in den 1930er Jahren (das früheste Sterbedatum „1909“ kommt stilistisch und auch materiell kaum in Frage). Auffallend ist zunächst die Materialwahl: der polierte rote Granit kam nämlich erst seit den 1920er Jahren in Deutschland nennenswert zum Einsatz. Schon in der Antike (Römisches Reich, Ägypten) als besonders würdevoll beliebt, kam er nun überwiegend aus Skandinavien und wurde auch mit dem Ausdruck „Gotenrot“ belegt. Der „Tranas“-Granit ist eine bekannte Sorte, es gab aber auch mehrere andere Herkunftsorte mit sehr ähnlichen Materialitäten. Die Verwendung dieses Steins stellte in den 1930er Jahren (aber auch noch in der Nachkriegszeit) sicher eine Seltenheit dar und war wohl auch entsprechend exklusiv. Möglicherweise ist dies auch ein Grund, weshalb kein lokaler Grabmallieferant, sondern ein Steinmetzbetrieb aus Düsseldorf hier herangezogen wurde: Franz Tenbusch (geb. 1881) war seit 1919 selbständiger Steinmetzmeister, Ende der 1920er Jahre als „Werkstätte für Grabmalskunst“ am Düsseldorfer Südfriedhof ansässig. Anfang der 1930er Jahre übernahm er dort den traditionsreichen Stein- und Bildhauerbetrieb „Johann Schnitzler & Co.“, den er im Namen weitertrug: „Franz Tenbusch, vormals Johann Schnitzler & Co., Stein- und Bildhauerei“ (Adressbuch Düsseldorf, 1938). Bemerkenswert ist neben dem Material auch die Gestaltung des Grabsteins mit dezidiert rechteckig-kubischen Formen, die einem in der Zwischenkriegszeit entwickelten Formideal entspringen, mit dem das historistische Grabmal „überwunden“ werden sollte. Die stehende, streng querrechteckige Grabplatte ohne Ornament, überhöht auf drei Sockelsteinen „schwebend“, wirkt zugleich monumentalisierend und archisierend. In den 1930er Jahren lässt sich diese Komposition tatsächlich mehrfach nachweisen – repräsentative Überblicke über diese Zeitstellung sind jedoch im Rheinland und auch darüber hinaus noch ein Desiderat der Forschung.
Aus vorgenannten Gründen ist der Grabstein der Familie Hermann Hoogen bedeutend für Städte und Siedlungen, hier für Dülken (Stadt Viersen). Aus wissenschaftlichen, insbesondere kunstgeschichtlichen und lokalhistorischen Gründen liegen Erhaltung und Nutzung des Grabsteins gemäß § 2 (1) Denkmalschutzgesetz im Interesse der Allgemeinheit.
Quellen
Bertram Hoogen Junior
Dipl.-Rest. Christoph Schaab, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland
Adressbuch der Stadt Düsseldorf 1938, Teil IV, S. 36
Landesarchiv Abteilung Rheinland, NW 1002-G / SBE Hauptausschuss Stadtkreis Düsseldorf NW 1002-G, Nr. 63827: Entnazifizierung Franz Tenbusch
Quellenrecherche
Ramona Vahle-Bonsels
Literatur
Dr. Doergens, Hugo: „Chronik der Stadt Dülken“, Dülken 1925, Seite 303.
Tillmann, Walter: Die hartnäckige Fehde von Leinen und Ramie am Beispiel der Zwirnerei B. Hoogen & Co., Dülken, in: Heimatbuch Kreis Viersen 74 (2023), S. 87-114.
Stand
Untere Denkmalbehörde
Viersen, den 12.06.2025
gez. Prümm